Samstag, 23. Januar 2016

Der Rhythmus der Nachrichten

Gehen wir mal davon aus, dass Nachrichten keine Verpflichtung sondern ein Zeitaufwand sind. Worüber würden wir dann gern informiert werden wollen? Über unsere Sicherheit? Über etwas, das uns alle betrifft? Über Geld, das uns verloren geht, wenn wir nichts dagegen unternehmen? Über Ungerechtigkeiten, die uns später treffen können, wenn wir nicht jetzt dagegen vorgehen? Über Entscheidungen, die getroffen werden, während wir nicht anwesend sein konnten?

Ich denke schon, dass das alles berechtigte Gründe sind, sich mit Nachrichten zu beschäftigen, eben weil sie uns dabei helfen, besser mit unserer Umwelt umzugehen. Gleichzeitig machen mir diese Gründe aber auch Angst, weil sie uns möglicherweise dazu bringen, Nachrichten zu sehr als etwas Feststehendes, Reales zu betrachten. Es lässt sich nur leider nicht verhindern, dass wir jemandem vertrauen müssen, weil wir selbst nicht anwesend waren.

Also vertrauen wir den Nachrichten erst einmal. Aber je mehr wir konsumieren, desto ausgeprägter wird auch unsere eigene Vorstellung von der Funktionsweise der Welt, bis wir plötzlich bestimmte Nachrichten nicht mehr akzeptieren. Im schlechtesten Fall hat die Nachricht dann keine große Auswirkung mehr auf uns, sondern bestärkt nur noch mehr unsere Überzeugungen. In Bezug auf die Flüchtlingsproblematik: Warum sollten denn schließlich mehr Menschen nicht auch mehr Probleme verursachen? Wir vernachlässigen die Grundfesten, auf denen unsere Gesellschaft aufgebaut ist und versuchen uns eine Welt zu schaffen, in der wir uns sicher fühlen können.

Warum wiederholen wir aber immer dieselben Parolen? Pegida, Flüchtlingskrise, Naziproblem? Gehen wir davon aus, dass diese Probleme besser verstanden werden, wenn wir sie immer wieder in den Nachrichten haben? Oder müssen wir sie in den Nachrichten haben, weil es aktuelle und wichtige Ereignisse sind? Was sollen Nachrichten denn überhaupt leisten, wenn nicht darüber informieren, was gerade eben passiert?

Tagtäglich wird für eine bessere Welt gekämpft. Die Frage ist nur: Für wen ist sie besser? Unsere verschiedenen Überzeugungen bringen uns zu unterschiedlichen Auffassungen über die Strukturierung unserer Gesellschaft. Und immer stärker erscheint mir eine Übereinkunft, die auf mehr Freiheit und mehr Individualität als Grundlage des eigenen Glücks basiert, gar nicht so aussichtsreich. Denn solange die Menschen innerhalb ihrer Bedürfnisse voneinander abhängig sind, führt eine gelebte Individualität eher zu einem Vergessen anderer. Warum sollte ich mich darum bemühen, andere zu verstehen, wenn sie maximal dazu beitragen können, meine Ansprüche einzuschränken?

Nachrichten sollten sich demnach Gedanken darüber machen, welches Bedürfnis ihre Information eigentlich erfüllt. Denn wenn wir unsere Intentionen nicht offensichtlich machen, wenn wir nicht versuchen, Nachrichten als ein Material zum Aufbau von Zuständen zu begreifen, dann werden wir meiner Meinung nach zu schnell abgelenkt. Wir reden plötzlich über die Folgen der Flüchtlingszuwanderung, ohne etwas gegen die Ursachen zu unternehmen. Wir beklagen uns über die Zustände, suchen einfache Antworten, werden von den Nachrichten taub gemacht, werden aggressiv. Dabei handelt es sich möglicherweise nur um eine Überfrachtung mit Informationen, die wir für nichts außer Wut und Beschwerden nutzen können.