Montag, 29. September 2014

Ich habe Jan Böhmermann singen gehört und am Ende habe ich geweint

Julius hat einen Text über den Gott der Medienkritik geschrieben! Und wir hören zu! Alle jetzt.


Menschen die Internet haben, kennen das: Jemand schickt dir einen Link für ein Video. Kommentarlos, lediglich ein Smiley verziert die kryptische Buchstabenkette. Du musst schon draufklicken, um herauszufinden, was dein „Kumpel“ so witzig findet. Das kann von einem würgreiz-erzeugenden, niedlichen Katzenbaby bis zu einem sympathischen Psychopathen, der sich genüsslich ein leicht zerbrechliches Gurkenglas rektal einführt, so ziemlich alles sein. Wenn dein Umfeld jedoch zum größten Teil aus Studenten und Medienfuzzis besteht, deren Kampfruf „Political Correctness JETZT“ ist, ist die Chance ungemein höher, dass du den neusten Clip eines gewissen Jan Böhmerman sehen darfst. Ja genau, der dusslig-quatschende Side-Kick von Harald Schmidt! Der zusammen mit Charlotte Roche eine Talk-Sendung in den Sand setzte, dann den Grimme Preis für sein despotisch geführtes Neo Magazin ergaunerte, seit über zwei Jahren jeden Sonntag mit Olli Schulz eine Radiosendung hat und mittlerweile bundesweit Hörer von sieben Sendern ihr Radio für zwei Stunden ausschalten lässt.
Jetzt aber mal ehrlich, der Typ ist ziemlich genial. Das weiß jeder, der sich das letze Jahr nicht grenzdebil sabbernd vor die Glotze gesetzt hat, um RTL zu gucken. Verdammt, selbst dann hast du den Typen gesehen. Zwar nur zweimal, aber immerhin: Böhmermann ist überall. Unter dem alles abschirmenden Mantel der Ironie redet der geborene Bremen-Vegesacker mit schnalzender Tourette-Zunge in nicht enden wollenden Sätzen und erobert so die Herzen der selbsternannten Intellektuellen. Immer dann, wenn er seine Kunst, aus dem Nichts einen unterhaltsamen Redeschwall zu generieren, mit Musik verbindet, scharren 300 spartanische Krieger missmütig mit den Füßen, weil ihnen die Epicness-Keule aus den Händen gerissen wurde. Derjenige, der bei der „Hymne auf die 90er“ keine Gänsehaut hatte, soll den ersten Stein werfen. Auf seine Eltern, weil da bei der Erziehung etwas verflucht falsch gelaufen ist.
Um dem Lassi-trinkenden ZDF Neo-Publikum mitzuteilen, dass die Sommerpause vorbei und seine Show wieder da ist, hätte ein kurzer, aber informativer 10-Sekünder gereicht. Aber nicht doch mit einem Grimmepreisträger, einem Nominierten des Deutschen Fernsehpreises, nicht doch mit Jan Böhmermann! Er nutzt den Aufwind seines Ruhmes, um ein dreieinhalb Minuten langes Musikvideo zu drehen und einen Song darüber zu schreiben, dass er endlich zurück ist. So wie Tokio Hotel. Während die glibberige Performance der Kaulitzer hoffnungslos unbeachtet nach monsunartigen Tränengüssen giert und dabei junge Frauen schaudernd an ihre Teeniezeit erinnern lässt, macht Meta-Böhmermann einfach alles richtig: Ein witziger Text, stilsicher kopierte Bilder und ein Sinn für clevere Details. Allerdings würde die Parodie niemals so gut funktionieren, wenn er nicht über eine überraschend gute Gesangsstimme verfügen würde. Denn selbst wenn der Text es inhaltlich mit den Zehn Geboten aufnehmen könnte, will niemand über drei Minuten jaulendes Gejaule hören.
Musik mit komödiantischen Inhalten zu verbinden, ist ganz sicher keine besonders originelle Idee. Frag mal Otto Walkes. Leider sind eben nur sehr wenige Künstler feinfühlig genug, sowohl einen guten Song aufzunehmen, als auch die stimmige Menge an Humor einfließen zu lassen. Frag mal Otto Walkes. Böhmermann gelingt das mal eben mit einem Einspieler im Musikvideo-Gewand. In Zeiten, in denen wir ein YouTube-Video nach kurzer Zeit aufmerksamsdefizitär wegzuklicken, weil es eben auch so viel Scheiße gibt, ist eine solche Kunst pures Gold.
Jawohl, Böhmermann ist zurück und wird uns wieder glänzend auf dem Spartensender unterhalten. Oder eher auf YouTube, weil uns wieder jemand einen Link mit einem Smiley schickt.

Donnerstag, 18. September 2014

Grenzenlos

Habt ihr euch schon einmal vorgestellt, in einer größeren Wohnung zu leben? Oder in einem größeren Haus? Habt ihr darüber nachgedacht, dass es eigentlich ganz cool wäre, wenn die Eisenbahn nicht jeden Tag am Balkon vorbeifahren würde, oder dass der Kinderspielplatz ruhig noch einen Block hätte weiter hinten sein können? Nein, dann gehört ihr zu den glücklichen Menschen, die ein Zuhause gefunden haben, mit dem sie möglicherweise zufrieden sind. Aber was bedeutet das überhaupt?

In unserem Alltag sind wir meist sehr stark darauf konzentriert, Probleme und Bedürfnisse wahrzunehmen, die uns direkt berühren. Wenn wir Hunger haben, dann essen wir etwas. Wenn wir Schmerzen spüren, dann versuchen wir sie loszuwerden. Meist vergessen wir aber, dass wir keine allumfassende Wahrnehmung besitzen und wir deshalb auch nicht immer alles erkennen können, was uns vielleicht stört. Diese unbewussten Störungen sind es, die uns mehr prägen, als uns das vielleicht lieb ist, weil unser Bewusstsein sie nicht in die Finger bekommt und wir deshalb in ihrer Gegenwart automatisch handeln, anstatt darüber nachzudenken.

Schließen wir die Fenster, wenn uns die Kinder auf dem Spielplatz stören, dann überlegen wir vielleicht nicht, wie wir das Problem in Zukunft vermeiden wollen, sondern wir nehmen es hin, weil unser Bewusstsein dieses Erlebnis nicht als etwas Dramatisches ansieht. Wenn wir allerdings darüber nachdenken, ob uns die Wohnung gefällt, bleibt dieses Gefühl von Unruhe erhalten und wir können nicht ganz einschätzen, woher unser Unbehagen kommt, weil unsere Wahrnehmung den Lärm gar nicht als etwas Problematisches an uns herangetragen hat.

Wir bekommen ein Gefühl von unserer Wohnung, das uns in unserem Inneren verfolgt. Manchmal wird es uns schleierhaft bewusst, wenn wir nach Hause kommen und uns trotzdem nicht beruhigen können. Manchmal werden wir von anderen darauf angesprochen, weil wir selbst die Unruhe bereits durch unsere tägliche Konfrontation ausgeblendet haben. Doch das eigentliche Problem ist nicht, dass uns diese Störfaktoren nicht sofort bewusst werden, sondern dass sie über die Zeit hinweg zu einem Bestandteil unserer Persönlichkeit werden. Wir passen uns an. Wir leben mit diesen Problemen, weil sie uns nicht auffallen. Und irgendwann sind wir selbst diese Probleme.

Ich sehe Wohnungen als erweiterten Teil der Persönlichkeit. Und als Menschen sind wir anfällig gegenüber den Einflüssen unserer Umgebung. Wenn uns etwas an unserem Wohnort stört, werden wir es verändern oder es wird uns verändern. Daraus ergeben sich für mich beispielsweise auch Fragen wie diese: Wenn unsere Wohnungen größer sind, macht es uns etwas aus, längere Wege zurückzulegen? Wenn wir im Dachgeschoss wohnen und schräge Wände haben, beeinflusst das unsere Vorstellung von Ordnung und Ruhe?

Dadurch dass wir unsere Umgebung in den meisten Fällen nicht so gestalten können, wie wir es gern hätten, tragen wir meiner Ansicht nach immer einen Konflikt mit uns selbst aus. Und dieser Konflikt bestimmt letztendlich darüber, was wir für eine Person sein werden. Das Interessante daran ist aber: Dieser Konflikt muss uns nicht einmal bewusst sein. Er belastet möglicherweise unseren Alltag. Und wir bemerken ihn nur in diesen kleinen Gefühlsregungen, wenn wir wieder einmal das Fenster schließen, weil ein Zug vorbeifährt und wir vom Lärm betroffen sind.

Dienstag, 16. September 2014

Alternative für Schland

Scheiße genug, dass die AfD sich nun tatsächlich zu etablieren scheint. Wenn man dann auch noch mitbekommt dass tatsächlich Leute aus dem engen Bekanntenkreis die entsprechenden Neigungen haben, frage Ich mich wirklich wie das eigentlich passieren kann.
Ich meine, niemand würde sich selber als herzlos bezeichnen, oder Menschen, die  in anderen Ländern schlimmen Gefahren ausgeliefert sind wirklich einfach so sich selbst überlassen. Trotzdem kascht diese Partei die meisten Wähler tatsächlich mit Parolen zur Sicherheits- und Einwanderungspolitik. Und generell, das Schland sich sowieso eher raushalten soll aus der Welt und Wir unser eigenes Ding drehen sollten. Wie passt das zusammen? 

Ausländerkriminalität ist da so ein Schlagwort, man will zwar selber nicht herzlos dastehen, aber die Menschen reinholen nur damit sie uns ausrauben, will auch keiner. Dabei ist das ja nicht mal so. Trotzdem gibt es natürlich die Statistiken die belegen, dass von Immigranten ein höheres Straftatenpotential ausgeht, als von den richtigen DEUTSCHEN. Wenn man da aber mal Ursachenforschung betreibt, liegt das nicht daran dass die Menschen aus anderen Ländern einfach ein Kriminalitätsgen inne haben, sondern wie man mit den hier angekommenen Menschen schon jahrzehntelange umgeht.
Angefangen mit den Türken, die uns unseren heutigen Wohlstand überhaupt erst ermöglicht haben durch ihren Willen die freien Arbeitsstellen bei uns zu besetzen, die in den 70er Jahren im Zuge des Wirtschaftswunders freiwurden. Ohne diese „Entwicklungshelfer“ wären wir Wohlstandstechnisch heute wohl ganz woanders angesiedelt. Aber damals war man schon egoistisch und blind genug diese Menschen tatsächlich nur in ihrer Arbeitskraft zu benutzen und sie sonst möglichst zu separieren.

Samstag, 13. September 2014

The Vault

Ich bin eigentlich nie ein großer Fan von diesen Webserien gewesen. Okay, okay, ich geb ja zu ich hab auch ein paar Staffeln von The Guild gesehen, und auch The Legend of Neil (Die Schweine haben das für Deutschland mittlerweile gesperrt) hab ich sehr genoßen, aber diesen Machinma Sachen wie diese Halo Serie, hat mich nie interessiert. Sieht ja alles schick aus, aber irgendwie hab ich schon genug Serien, die ich schauen muss und Webserien stehen den großen Brüdern gerne mal ein bisschen nach in Schauspielerleistung und Co. Genug Gemecker. 
Ich habe vor ein paar Jahren eine Webserie dann doch mal in mein dunkles staubiges Herz gelassen. Es muss bei einer meiner nächtlichen Streifzüge im weltweiten Netz gewesen sein, als ich zufällig auf diese Videoreihe gestoßen bin. Lass es ruhig 2 Jahre her sein. Und erst wieder dieser Gedanke: "Gnaaa, wieder so eine über ambitionierte Webserie von irgendwelchen Studenten, die zuviel in Lostforen unterwegs waren." Aber dann gab ich ihr eine Chance und zack boom hatte alle ausgestrahlten Folgen in einer Sitzung durchgeschaut und ich wollte dran bleiben. Und anfangs kamen noch regelmäßig die neuen Episoden, doch plötzlich war da nichts mehr. Sehr lange. Und ich forschte nach und traf auf ihren Blog. Und da erklärten sie, warum die neuen Folgen auf sich warten liessen, neue Projekte, private Probleme, Probleme mit den Produzenten und ihren Vorstellungen. Also hab ich mich in Geduld geübt. Und alle paar Monate tröpfelte dann Folge nach Folge in mein Youtube-Abonnement rein.

Und gestern war sie dann da. Die Finalfolge. Das Ende. 30 Minuten lang. Und ich bin zwiegespalten. Ich bin nicht zufrieden mit dem Ende. Zuviele neue Fragen, die nicht beantwortet werden. Und eigentlich müsste ich jetzt voll enttäuscht sein. Diese Kackserie, der ich all die Jahre so vertraut habe, schafft es nicht am Ende mein Wunschende hinzubekommen. Aber ich bin nicht sauer. Ich gönne es ihr. Ein Ende. Ich hab auch schon gelesen, dasss die Macher mittlerweile an einem richtigen Filmprojekt dran sind. Und ich wünsche denen nur das Beste. Weil mir dieses Projekt ans Herz gewachsen ist. 

Ich will euch gar nicht erzählen, worum es in dieser Serie geht, das stückchenweise herausfinden ist hier Teil des Spasses. 

Also dann. Schaut euch The Vault an.

Dienstag, 9. September 2014

Zugfahrt

So, mein erster eigener Post. Ich habe lange überlegt, was ich schreiben soll. Erst wollte ich mich nur vorstellen, aber da sich (vermutlich) nur Leute hier tummeln werden, die mich eh schon kennen, lass ich das lieber sein. Also kramte ich in meiner Artikel-Schatzkiste. Ich entdeckte meine ersten Artikel. Der aller erste war eine Antwort auf ein Post von Henry von Oktober 2009 und wurde von Willi auf seinem Blog veröffentlicht.
Nur knapp zehn Tage später schrieb ich meinen zweiten Text. Und den möchte ich jetzt hier selber veröffentlichen. Ich hoffe nur, ich komme hier mit dem Bloggen halbwegs klar. Meine Zeit beim Pokéwiki dürfte da sicherlich behilflich sein.



30.10.2009

Jedes Mal wenn ich im Zug sitze, überlege ich, was ich machen soll. Wenn der Zug 13.40Uhr (eigentlich immer) pünktlich losfährt, bin ich hoch motiviert, die Langeweile endlich zu besiegen.
Früh, wenn ich zur Uni gehe, öffne ich den Briefkasten, um zu gucken, was drin ist. Bis jetzt war jeden Freitag die “freitag SZ” drin. Das erste Mal habe ich mich tierisch gefreut, etwas zum Lesen im Zug zu haben. Schnell wurde mir aber klar, dass darin nur Geplänkel steht. Nicht einmal ein Rätsel gibt es darin. Heute gibt es einen Artikel zur steigenden Anzahl rechter Gewalt. Als ob das neu wäre. Vielleicht tue ich ihn mir aber trotzdem später an. Zur großen Überraschung lag heute in der Zeitung, neben der üblichen Möbelhaus-Werbung, auch eine MadiaMarkt-Werbung. Begeistert durchblätterte ich sie, freute mich über technische Neuheiten und ihren Preisen und bewunderte MediaMarkt’s Talent, immer wieder passende Promis für ihre Werbung zu finde. Obwohl ich Mario Barth’s Witze nicht unbedingt lustig finde, gibt er mir doch ein Zeichen, in dem richtigen Laden einkaufen zugehen. Alles in Allem hat das Lesen verschiedener Schriften nicht einmal annähernd solange gedauert, wie das Schreiben dieses Textes. 
Also, was nun? Erst einmal die Fahrscheine zeigen. Na klar, mach ich doch gerne. Angesichts der Tatsache, dass alle um mich rum irgendwelche uninteressanten Bücher lesen (wie zum Beispiel: “Eine schlesische Kindheit” von Maria Frisé), oder Musik hören, oder Gespräche führen, bei denen es sich nicht lohnt, mitzuhören, brauch ich erst gar nicht anzufangen, mich für die Leute zu interessieren. Apropos Musik hören: ich habe geplant dieses Wochenende meinen MP3-Player mit nach Dresden zu nehmen. Aber da mich Musik nicht körperlich beschäftigt, werde ich mir wohl doch überlegen müssen, was ich nächstes Mal im Zug machen werde. Meist sind es die kleinen Dinge und die kurzen Momente, die mich von meiner Langeweile ablenken. Doch diese Situationen sind leider unregelmäßig verteilt. Letztens standen wir kurz an einem Bahnhof in der Nähe von Ruhland. Genau vor meinem Fenster war ein Gänsestall. Ach, waren das herrliche 3 Minuten. Da war ich auch schon fast zuhause. Das ist dann noch mal ein Motivationsschub. Die frische Luft beim Umsteigen in Ruhland belebt den platt gesessenen Körper. Die Uhr sagt: “Das Schlimmste hast du geschafft!” und die Gedanken an das Wochenende lassen die Welt wieder besser erscheinen. In dem anderen Zug sind dann auch wieder neue Leute. Und das “Die Bahn”-Personal ist anders. Dann fragt mich wieder einer nach meinem Fahrschein. Und das jedes Mal wenn ich im Zug sitze.

Und ab in den Krieg...

Yeah,
erster Eintrag im Blog und schon ein politisches Statement.
Eigentlich wollte ich irgendwas gutes, schönes schreiben, zum Beispiel, warum American Horror Story so toll ist... oder Buffy... oder beides...

Naja, das kommt bestimmt noch. Erst mal ein bisschen Dienstagmorgen-Entrüstung.

Die ganze Welt redet in letzter Zeit vom Krieg, von den Krisen in der Ukraine und im Irak, von Putins Machtbesessenheit, von der Brutalität der IS-Kämpfer.
Was mich an der ganzen Sache entsetzt, ist die Tatsache, wie schnell man sofort in Feindbilder rutscht. Der WDR-Chefredakteur spricht in einem ARD-Kommentar offen vom kalten Krieg (hab hier leider keinen Link, ist schon eine Weile her, sorry) und davon, keine Angst davor zu haben, den letzten hätte man ja gewonnen, die Bundesregierung beschließt Waffenlieferungen in den Irak, die Nato stellt eine Kampftruppe gegen Russland zusammen und fordert von allen Mitgliedsstaaten höhere Rüstunsausgaben.
Und am meisten erschreckt mich, wie natürlich jedermann auf einmal über einen möglichen Krieg redet. Gestern war ich mal wieder unter Leuten und hab halb mitbekommen, wie ein paar Leute im Scherz darüber gesprochen haben, was man am besten tun könnte, wenn Russland auch in Deutschland einmarschiert. Olli Schulz und Jan Böhmermann definierten in ihrer Sendung "Sanft & Sorgfältig" am Sonntag "Die großen Fünf" diesmal als die großen fünf Fluchtmöglichkeiten im Falle eines russischen Einmarsches. Klar, das läuft momentan alles auf einer ironischen Ebene, aber das allein finde ich schon heftig.
Ich meine, was soll das, ich dachte, wir waren immer so demokratisch, haben versucht, alles mit Worten zu lösen, selbst als die Mehrheit schon aufgegeben hatte.
Und jetzt rasseln alle mit ihren Ketten.

Heute früh hab ich ein Interview zum Thema "Deutsche kämpfen als Dschihadisten mit dem IS" gesehen. Was sich da durchzieht ist die Fassungslosigkeit, wie kann denn bitte jemand so etwas machen und freiwillig für jemanden kämpfen (und dann auch noch ausgerechnet für den IS).
Aber man muss sich doch nur mal anschauen, was für Töne man im eigenen Land anschlägt, um Leute für den Krieg zu motivieren. Ich kann mich nicht auf der einen Seite über solche "Kriegsbegeisterte" Islamisten aus Deutschland aufregen und auf der anderen Seite Videos produzieren, auf denen eine weltweite  Verteidigung der Freiheit durch deutsche Soldaten im Call-of-Duty-Stil gezeigt wird.

Mich stört bei all dem eigentlich bloß, mit welcher Selbstverständlichkeit man in egal welchem Konflikt sofort die moralische Überlegenheit beansprucht. Zugegeben, Deutschland ist im letzten halben Jahr nicht einfach so in ein Nachbarland einmarschiert und die Bundeswehr hat in den letzten 10 Jahren mit Sicherheit wesentlich weniger Kriegsverbrechen begangen, als es der IS momentan tut. Und trotzdem, das Bild von dem ach so diplomatischen Deutschland, der Freiheitsverteidigenden EU, dem Westen, der immer nur die andere Wange hinhällt, will sich bei mir einfach nicht so richtig einstellen.

Montag, 8. September 2014

Kein weiterer Logos-Film

Es wird keinen fünften Logos-Film geben. Die Filmreihe, die ich 2012 gestartet habe, um mich stärker mit den Extremen der Gefühlswelt einer nachdenklichen Jugend auseinanderzusetzen, endet also mit Besuch. Ursprünglich als fünfteilige Serie geplant, erscheint mir das Material für den letzten Film als zu zerrissen. Ich kann mich sowieso kaum noch technisch mit der Reihe identifizieren, zu lange Einstellungen, zu viele Gespräche mit schlechtem Ton, sehr durchwachsene Schauspielerei. Aber dieser letzte Teil war da noch einmal eine besondere Herausforderung.

Nun, was soll ich sagen? Er war viel zu ambitioniert. Das Material ist durch einen technischen Fehler fast komplett zerstört worden, dem Rohschnitt der übrigen Szenen fehlen Schnittbilder, Gegenschüsse, nachvollziehbare Emotionen, und die in über einem Jahr in von mir beauftragter Sklavenarbeit rotoskopierten Actionsequenzen sind unfertig und fühlen sich nicht gut an.

Deshalb werde ich den Film nicht mehr veröffentlichen. Andere Ideen warten schon darauf, angegangen zu werden, aber ich muss auch einsehen, wenn etwas gescheitert ist, sodass ich daraus für die Zukunft lernen kann. Beziehungsweise habe ich in diesen zwei Jahren bereits daraus gelernt, ich war nur noch nicht bereit dafür, mich vom alten Ballast zu befreien.

Samstag, 6. September 2014

Wollt ihr wissen was Liebe ist? (I)



Wollt ihr wissen was für mich Liebe ist?


Dann schaut euch How to train  your Dragon 2 an. Da gibt es diese eine Szene, ist mir jetzt egal, wenn ich euch spoile, diese eine Szene wo Stoick auf seine Frau trifft. Nur dachte Stoick seit über zehn Jahren, dass seine Frau von Drachen getötet wurde. Stattdessen wurde sie nur entführt und entschied sich für ein Leben unter den Drachen, weil sie ihr wahres Wesen erkannte. Und jedenfalls trifft Stoick nach all diesen Jahren überraschend auf eben diese Frau, die er liebte und die so schnell aus seinem Leben gerissen wurde. Und als sie sich sehen sagt er nichts mehr, er geht einfach langsam auf sie zu. Seine Frau, Valka, kann damit nicht umgehen, weicht zurück, versucht sich zu entschuldigen, ihre Situation zu erklären, faselt etwas von Ausflüchten. Aber Stoick geht einfach weiter auf sie zu. Valka geht so weit zurück bis sie an die Wand stößt, hält ihren Stab schützend vor ihre Brust, kann nicht deuten wie Stoick auf sie reagiert. Sie bittet ihn darum, sie doch wenigstens anzubrüllen, doch Stoick geht einfach auf sie zu. Er berührt mit seiner riesigen Pranke sanft das Gesicht seiner Frau und spricht nach kurzem Zögern diesen einen Satz. 


Und dann küsst er sie sanft und vorsichtig auf ihre Lippen.
Das ist Liebe. 

Die Klowände des Internets

Das Schreiben ist für mich eine Möglichkeit, Gefühlen Ausdruck zu verleihen, die ich sonst wahrscheinlich ignorieren würde. Ob das Ignorieren nun auf längere Sicht negativ wäre, kann ich gar nicht sagen. Die Wissenschaftswelt ist da auch nicht viel weiter. Ich kann jedoch sagen, dass das konkrete Beschäftigen mit diesen Gefühlen, mir einen besseren Eindruck verschafft, was diese dumpfen Regungen in meinem Körper überhaupt sind. Ist es ein verpasster Zug, der mir den Tag versaut hat? Ist es dieser eine Blick, der mich den ganzen Tag über lächeln lässt? Durch das Schreiben reflektiere ich mein Leben und lasse andere Anteil haben, an diesen Beobachtungen. Ob es ihnen in ihrer Situation hilft, weiß ich nicht.

Ich schreibe trotzdem gern öffentlich, weil diese Möglichkeit des Veröffentlichens, Überall-Lesens, des anonymen In-Kontakt-Tretens, des Verstehens, obwohl man sich nie gesehen hat, etwas ist, das in mir eine gewisse Endgültigkeit der Sache nach sich zieht. Ich schließe mit einem Teil eines Themas ab. Ich kann mich auf neue Erfahrungen konzentrieren. Ich habe etwas erzählt, und wenn man mich danach fragt, dann kann ich darauf verweisen, anstatt dasselbe immer und immer wieder neu erzählen und damit auch neu erleben zu müssen. Das hilft mir, Gefühle zu überwinden, aber auch sie anzuerkennen.

Ich sehe darin eine Chance, mich selbst besser kennenzulernen und anderen etwas zu zeigen, das sie nicht erwarten. Möglicherweise erwarten sie ja auch nicht viel. Das ist auch okay, dann gibt es eben eine größere Überraschung. Mir geht es jedenfalls darum, dass ich mich selbst wohl fühle, weil ich weiß, dass ich mich mit etwas beschäftigt und wieder etwas dazugelernt habe. Ob ich nun über meine Gefühlswelt schreibe oder meine Lieblingsmedien präsentiere, ich entdecke immer wieder etwas, das ich vorher noch nicht so gesehen habe. Und das tut gut. Bloggen ist dabei nur eine unter vielen Möglichkeiten und es liegt an jedem selbst, zu entdecken, was ihn mitreißt und was ihm dabei helfen kann, sich weiterzuentwickeln.

Donnerstag, 4. September 2014

Leipzig, I

Ich bin seit drei Jahren in Leipzig und fühle mich nicht so, als hätte ich irgendetwas Besonderes erlebt oder mitbekommen. Vielleicht liegt das daran, dass ich Städten ab einer gewissen Größe keine Bedeutung mehr beimesse, weil eh alles gleich ist, und Leipzig es gerade so geschafft hat, noch im unteren Teil dieser Belanglosigkeit mit einzusteigen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich ein ziemlich fauler Mensch bin, dessen Leben aus Internetmemes, Analysen von international angehauchten, politischen Texten und aus populärwissenschaftlichen Youtube-Videos besteht, und ich da keine funktionierende soziale Beziehung zu meinem Wohnort benötige. Aber vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich wirklich sehr viel Zeug in Leipzig gesehen habe und das nicht alles in der Geschwindigkeit verarbeiten kann, die für mich angemessen wäre.

Es spielt keine Rolle. Das Gefühl ist da. Und ich frage mich, ob es mich stört. Ich glaube, dass es mich stört, weil Menschen in meiner Nähe mich immer wieder darauf ansprechen, wie cool doch Leipzig wäre, wie viele geile Veranstaltungen dort sind und was man da kulturell alles erleben kann. Und das lässt mein Schuldbewusstsein aufhorchen: "Hey Henry, was hast du denn eigentlich schon von Leipzig gesehen? Warst du jetzt schon auf dem Völkerschlachtdenkmal? Oder, wenn dich das als Pazifisten nicht so anspricht, vielleicht schon im Grassi-Museum, in das du ständig Leute schickst, wenn sie dich fragen, was sie in Leipzig tun sollen?" - "Ähm", ist meine Antwort, "nein, noch nicht." Ich war zu Hause, hab Serien geschaut und geschlafen.

In meinem Inneren hingegen denke ich gleichzeitig daran, dass mir das eigentlich alles egal ist. Nicht, weil ich denke, dass Wissen über seinen Wohnort oder über bestimmte geschichtliche Stätten Unsinn ist, aber weil es auf meiner Prioritätenliste, was ich gern wissen würde, eben nicht gerade hoch angesetzt ist. Aber hast du nicht gerade eben geschrieben, dass du faul bist und da Potenzial wäre, noch etwas herauszuholen? Nein. Wenn ich faul bin, dann bin ich faul, dann ruhe ich mich aus, weil mehr Einflüsse in diesem Moment eher kontraproduktiv wären. Aber schreibst du nicht gerade diesen Beitrag und könntest du dafür nicht in Leipzig unterwegs sein und dir etwas anschauen, was du dir immer schon einmal anschauen wolltest. Hört auf, intelligente Fragen zu stellen! Ich war schon in der Spinnerei und im Westwerk und im zeitgeschichtlichen Forum. Aber jetzt gerade nicht. Jetzt bin ich hier und schreibe diesen Artikel, weil ich denke, dass ich mich mit diesem Problem genauer auseinandersetzen muss.

Und soweit ich das beurteilen kann, trifft von den oben genannten Möglichkeiten wohl eher die letztgenannte zu. Ich bin unterwegs, ich schaue mir unglaublich viele Dinge an; auch Dinge, die mich nicht wirklich interessieren, was einen Großteil der künstlerischen Szene in Leipzig ausmacht, weil ich sie nicht kenne, weil ich keinen Zugang zu ihr habe, weil ich mich nicht danach fühle, meine Fühler danach auszustrecken, aber wahrscheinlich dazulernen könnte. Ich schaue mir diese Dinge an, obwohl sie mich nicht interessieren, weil ich für mich denke, dass ich gar keine Ahnung habe, ob sie mich wirklich interessieren. Mir ist nur bewusst, wie unglaublich riesig das Internet ist und was ich dort alles schon gesehen habe. Und nur weil meine wohnliche Umgebung auch Kunst produziert, habe ich eben nicht sofort einen emotionalen Bezug dazu.

In meiner Vorstellungswelt ist diese Kunst meist auch regional gefärbt, was mich immer ein wenig zurückschrecken lässt, obwohl ich nicht einmal richtig weiß, was das bedeutet. Ich denke, dieses mir vom MDR verabreichte Credo meint, dass sich Künstler von ihrer Umgebung inspirieren lassen. Und wie gesagt, ich habe ja nicht wirklich eine Beziehung zu Leipzig, also stößt mich das eher ab und zieht für mich die Beiträge der Künstler noch weiter nach unten, als dass ich mir sage: Hey, jo, Leipziger Kultur, geil. Nein, nicht geil. Manchmal fühlt sich das bei mir so an, als ob ich ein neues Familienmitglied akzeptieren lernen muss, das mir mit seinen oberflächlichen deutschen Eigenheiten auf die Nerven geht, aber dessen innere Stärken ich noch nicht gefunden habe. Eins kann ich euch aber sagen: Ich bin auf der Suche nach diesen Stärken.

Für mich bedeutet das vielleicht auch: Mehr Abenteuer in Leipzig, weniger Computer und Internet. Klingt bisher eher nach einem schlechten Deal. Aber ja, ich gebe die Hoffnung nicht auf, in Leipzig auch etwas zu finden, was mich wirklich mitreißt und mir nicht nur ein eher müdes: "Ja, ist ganz nett", abringt. Das gilt übrigens auch für dich, Weimar. Ich liebe dich, ja. Aber da geht noch mehr. Ich will geile Startups von dir, noch viel mehr Kunst als Bauhaus und weiterhin so viele großartige Menschen. Ich beobachte dich! Jedenfalls sind jetzt für September noch einige Ausflüge in die Leipziger Kulturszene geplant. Und da ich diesen Beitrag jetzt beenden möchte, lasse ich mich einfach mal überraschen, anstatt vielleicht schon vorher alles kaputt zu denken.